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Klima Neopolis

„Aufgeheiztes Klima“: der Diskurs über Erderwärmung, europäischen Tourismus und Migration

In Europa und weltweit geht es aus klimatischer Sicht in diesem Juli 2023 vor allem heiß her — und in politischer und touristischer Hinsicht drunter und drüber. Mit einer globalen Durchschnittstemperatur von sensationellen 17 Grad Celsius war es noch nie so heiß wie in diesem Jahr. Die Werte des Südwinters, der Antarktis und der Arktis sind darin schon eingerechnet und nehmen dieser Temperatur jede Milde. Doch wie so oft zählt am stärksten der subjektive Eindruck — und je nach Standort kann dieser unterschiedlich ausfallen.

Coverbild: Folgen der globalen Erwärmung: Anstieg des Meeresspiegels auf den Marshallinseln (Luftaufnahme aus dem Dokumentarfilm One Word von 2020). Attribution: Mark Uriona, CC BY-SA 4.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons.

Ich bin gestern am frühen Abend bei einem ausgedehnten Radtraining zum Jungfernsee (zwischen Wannsee und Potsdam) in einen krassen Wolkenbruch geraten. Innerhalb weniger Sekunden waren ich und meine sommerliche Bekleidung völlig durchweicht, das mitgeführte Smartphone hat nur knapp einen Kollaps überstanden. Danach musste ich sogar befürchten, mich zu erkälten: es war in so kurzer Zeit so empfindlich frisch geworden, wie man es durch die dauerwarmen Wochen davor schon gar nicht mehr für möglich halten wollte. Zurück auf der Warschauer Straße — vermutlich dem Epizentrum des Berlin-Tourismus — waren die ersten Party People bereits in instafähige Daunen-Parkas gewandet.

Passend zu dieser kurzen, aber harmlosen Starkregensequenz an der Havel kursieren gerade Bilder und Videos aus Slowenien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina und Serbien, wo es zu erschreckenden (ungleich gewaltigeren) Gewitterstürmen mit massiven Schäden und auch Todesopfern gekommen ist. Al Jazeera Balkans hat über die Meinungsplattform Twitter und andere „Social Media“ eindrucksvolle Bilder geteilt (s. folgender Link).

Mich hat das sofort an den extrem niederschlagsreichen Mittelmeerzyklon 2014 auf dem Balkan, aber auch an die noch sehr präsente sommerliche Flutkatastrophe in Westdeutschland von 2021 erinnert (Stichwort: Ahrtal). Beide Ereignisse — die hier nur stellvertretend für eine Vielzahl weiterer, oft noch viel zerstörerischerer Flutkatastrophen weltweit genannt seien — wurden mit der globalen Erwärmung in Verbindung gebracht. Sie brachten zwar nicht die Hitze selbst, aber ihre kondensierte Abwärme über das Land.

Dann gibt es da noch das Staccato extremer Hitzewellen im mediterranen Süden Europas. In Spanien hatten die Hitzewellen dieses Jahr (2023) schon im März eingesetzt. Ich frage mich schon seit einiger Zeit, wieso Menschen aus Nord- und Mitteleuropa in den Hitzemonaten Juli und August überhaupt „Erholung“ am Mittelmeer suchen. Temperaturen von über 40 Grad Celsius waren immer wieder vorausgesagt worden und müssen als absehbar, zu erwarten gelten. Dass solche Zweifel am Erholungswert in den klassischen europäischen Urlaubsdestinationen immer mehr Gewicht in der breiten Öffentlichkeit finden, zeigt sich an einem jüngsten Tweet von Gesundheitsminister Karl Lauterbach. Dieser hat sich aus seinem Sommerurlaub in Italien zu Wort gemeldet: die Hitzewelle sei so spektakulär, dass man davon ausgehen müsse, Urlaubsziele wie Italien sei keine Zukunft beschieden. „Eine Ära geht zu Ende“, so Lauterbach.

Dieser reichweitenstarke Tweet hat zu Widerspruch seitens der italienischen Tourismusbranche und Politik geführt. Doch während ich diese Zeilen schreibe, bereitet sich Griechenland auf den Höhepunkt der dritten Hitzewelle mit über 40 Grad Celsius vor. Die Akropolis — das zentrale „Must-see“ Athens, einem der Urorte des europäischen Tourismus — blieb tagelang tagsüber geschlossen. Es ist natürlich nachvollziehbar, dass der boomende, post-pandemische italienische Tourismusbetrieb Lauterbach widerspricht. Das Klima aber gibt ihm recht. Und es ist tatsächlich eine neue Ära angebrochen — die von vielen auch schon beim umstrittenen Namen Anthropozän genannt wird. Der Blick auf Europa sollte außerdem nicht vergessen machen, dass in anderen Erdteilen, so zum Beispiel in den USA und China (u.v.m.) ebenfalls Hitzewellen grassieren — ganz abgesehen vom Wetterphänomen El Niño, der damit einhergehenden, hohen Wassertemperaturen von Pazifik und Atlantik, der Korallenbleichen — and you name it.

Klima und Neopopulismus

Doch ich will noch ein wenig weiter in den Diskurs rund um die Thematik Neopopulismus, Klimawandel, Tourismus und Migration ausholen. Sofern der Klimawandel mit seiner extremen Hitze dazu führt, dass die Leute aufhören, an die Orte der großen Hitze zu gehen, so liegt auch die Perspektive nahe, dass diejenigen, die permanent in den Hitzezonen wohnen und am stärksten darunter leiden, von dort fortgehen werden: es kommt aller Voraussicht nach auch innerhalb Europas zu Migrationsbewegungen, die primär durch die Klimakatastrophe bedingt sind (genauer weiter unten).

Mit dieser Inbeziehungsetzung von Klima und Diskurs ist das Feld betreten, um das es bereits in der Tagline dieses Projekts geht: welche Wechselwirkung besteht zwischen Revision, Revisionismus1Unter Revision und Revisionismus ist, wie ich an anderer Stelle argumentiert habe, nicht nur Geschichtsrevisionismus im „klassischen Sinn“ zu verstehen, sondern auch die Frage, wie kognitive Dissonanzen und Wahrnehmungsschemata über die Genese des anthropogenen Klimawandels mit fortwirkenden Annahmen über Wachstum, Grenzen des Wachstums und vermeintlich „grünem Wachstum“ zusammenhängen. Noch unvollständig habe ich darüber z.B. im Beitrag Klima und Wissenschaft: Die Kunst der richtigen Vermittlung geschrieben, wobei besonders die Auseinandersetzung mit Ulrike Herrmanns Buch Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind – und wie wir in Zukunft leben werden genauere Betrachtung verdient., naturräumlicher Klimakatastrophe und gesellschaftlichem Klima? Dass letzteres durch den Themenkomplex ‚Migration‘ stark beeinflusst wird, gerade anlässlich rechtspopulistischer Wahlerfolge (wie zuletzt im thüringischen Landkreis Sonneberg), ist ein Gemeinplatz: Das Fortwirken nationalstaatlicher Phantasien „homogener Nationen“ hat keinesfalls aufgehört, den Diskurs zu unterfüttern. Allerdings wird weitaus weniger oft besprochen, wie Klima und Migration zusammenhängen — und selten wird Klimawandel als prima causa für den Diskurswandel und das Fortschreiten neopopulistischer Erfolge wahrgenommen.

Ich habe erst relativ wenige Studien über den Zusammenhang von Migration und Klimakatastrophe innerhalb Europas recherchiert und gelesen. Erste Rechercheergebnisse dazu zeigen aber, dass es solche Studien nicht nur gibt, sondern dass auf der Ebene der europäischen Politik, großer NGOs sowie staatlicher und supranationaler Organisationen (z.B. der International Organisation for Migration, IOM) Bewusstsein über diesen binneneuropäischen Zusammenhang besteht; das zeigt ein kurzes Paper des Europaparlaments unter dem Titel Die Zukunft der Klimamigration (The future of climate migration).

Climate change is threatening to displace millions of people, creating new migrant flows also across borders. The EU has a leading role in reducing global warming, mitigating its effects, improving knowledge about consequences for vulnerable populations, and working with partners to build resilience. Success depends not just on adopting forward-looking strategies, but also on adequate resources and effective implementation.

At a glance: Thinking about tomorrow. The future of climate migration (Publication by the European Parliament)

Auch gibt es in zunehmender Zahl Pressebeiträge und Reportagen, so zum Beispiel ein 2020 auf Euronews veröffentlichter Beitrag von Marta Rodriguez Martinez und Lillo Montalto unter dem Titel Extreme weather exiles: how climate change is turning Europeans into migrants. Hier wird genauer auf bereits bestehende displacements und erzwungene Migrationen in europäischen Staaten wie der Russischen Föderation (an erster Stelle), Moldawien, Bosnien-Herzegowina, Spanien, Frankreich und Deutschland u.a. eingegangen.

The impact of climate change in Europe is a recent enough phenomenon that it does not occur to most climate migrants that that is what they are. Nor is there an official definition. Beatriz Felipe, a Spanish climate migration researcher, says: “In reports, studies and scientific articles you find that different definitions are used: displaced persons, refugees, migrants. This leads to a great deal of confusion.“

The 2009 UN convention to combat desertification found that migrants also tend to underestimate climate as a factor in their situation. Most explain their displacement in terms of poverty, often overlooking the root cause behind the deterioration of their homes and land, and the resulting loss of productivity.

“Even for those cases in which it is very clear that climate impacts are directly driving people’s migration – such as severe drought – people will hardly acknowledge that”, says Felipe.

Extreme weather exiles: how climate change is turning Europeans into migrants, in: Euronews vom 17.6.2020, URL: https://www.euronews.com/2020/02/26/extreme-weather-exiles-how-climate-change-is-turning-europeans-into-migrants (zuletzt abgerufen am 22.7.2023).

Wie dieses Zitat unterstützt, sind binneneuropäische Migrationen bislang selten ein Thema, das den öffentlichen Diskurs außerhalb einschlägiger Wissensräume in nennens- oder bemerkenswertem Ausmaß erreicht. Wenn „in den Medien“ — tatsächlich in den meisten von mir gelesenen Medien — über Migration und Europa die Rede ist, wird meistens von Migration nach Europa gesprochen; in allen Fällen scheint das Thema der Metakatastrophe des anthropogenen Klimawandels keine vordergründige Rolle zu spielen. Ich habe jetzt mehrfach in meinem direkten Umfeld von Spanierinnen und Spaniern gehört, dass viele Menschen innerhalb Spaniens hitzebedingt in den Norden des eigenen Landes ziehen. Oder sie ziehen gleich ins ebenfalls hitze- und dürrebetroffene Mitteleuropa, wobei Berlin eine sehr beliebte Destination ist. Wer sich mit Migrationsprozessen beschäftigt hat, weiß, dass diese selten monokausal zu erklären sind. Dennoch deute ich die weitgehende (relative) Ausblendung der Klimakatastrophe als Motivator hinter den zunehmenden Migrationsbewegungen mit zweierlei, eng zusammenhängenden Erklärungsangeboten:

  1. Diese Wahrnehmung bildet erstens einen Trägheitseffekt im begrifflichen Denken ab, wonach Migranten (Migrierende, Migrierte, usw.), die nach Europa kommen, entweder aufgrund von Kriegen sowie „wegen unseres Reichtums“ — und weniger: „wegen ihrer Armut“ — alle möglichen Strapazen und biographischen Brüche auf sich nehmen. Der Trägheitsmoment der Denkgewohnheit, Migrationen nach und innerhalb Europas nicht mit Parametern des Klimawandels in Verbindung zu bringen und zu denken, sondern primär wirtschaftlich und im Paradigma traditioneller Sicherheit, ist gut eindekliniert und quasi auf Stegreif abrufbar.2Unter dem traditionellen Sicherheitsbegriff wird in der Literatur über Menschliche Sicherheit (Human Security) vor allem die Einengung auf nationalstaatlich gedachte (Un-)Sicherheitsparameter verstanden. Vgl. dazu den kurzen Überblick bei Thorsten Nieberg: Menschliche Sicherheit (Bundeszentrale für politische Bildung).

    Auch der gängige Begriffsapparat passt zu diesen trägen Denkgewohnheiten, und zwar unabhängig davon, ob eine Verlaufsform (z.B. Migrant, Flüchtling) oder eine Partizip-Passiv-Form (z.B. Migrierte, Geflüchtete, gar: Migrantisierte) verwendet wird: die Wortreihe „Migrant“, „Migrierte“, „Migration“ (ferner: „post-migrantisch“, usw.) wird weiterhin meistens mit Migrationen im Zusammenhang mit Wirtschaftswachstum gedacht; dazu passen auch Nachrichten über Migrationen, die von der Bundesregierung aus Lateinamerika, den Philippinen, afrikanischen Staaten etc. angestrebt werden, um der Volkswirtschaft das (vermeintlich grüne) Wachstum zu ermöglichen.

    Weiterhin werden „migrantisch“, „post-migrantisch“, „Migrationshintergrund“ usw. zusammen mit dem Nexus Integration, Diskriminierung und Rassismus gedacht — was alles durchaus seine partielle Richtigkeit hat. Die Verlaufsform „Flüchtling“ und der verzerrende, entpersonalisierte und entschärfende Euphemismus „Geflüchtete“ dagegen sind mit Gewalt, Krieg und politischer Unsicherheit assoziiert. Das zeigt sich auch daran, dass dann, wenn das Klima als Fluchtgrund einbezogen werden soll — als sei es im Übrigen ein vergleichsweise marginaler Faktor — dieses explizit gemacht wird, nämlich über „Klimaflüchtlinge“ (eigentlich nie: „Klimageflüchtete“).

  2. Zweitens bildet sich hier eine implizite Strategie des Fernhaltens des Klimawandels aus Europa ab, einschließlich aller damit einhergehender, unerwünschter Veränderungen. Bemerkenswerterweise ist es so, dass es eine Vielzahl von Studien, Reportagen und Berichten über die großen Flutkatastrophen in Pakistan (z.B. Swat-Tal und Indus 2022), über die Dürren im levantinischen Raum sowie die fortschreitende Desertifikation Nord- und Sub-Sahara-Afrikas gibt. Relativ robust sind auch die Wissensbestände über den drohenden Untergang vieler Pazifik-Inseln, wie auch das hier verwendete Cover-Bild von den pazifischen Marshall-Inseln andeutet.

    Doch je näher die betroffenen Menschen Europa kommen, desto seltener werden sie als „Klimaflüchtlinge“ gerahmt (framing). Dies hat nicht nur damit zu tun, dass durch das verzerrte Framing der Flüchtlinge als Wirtschafts-, Kriegs- und Armutsflüchtlinge die ganze Angelegenheit zu einer individuellen Angelegenheit der Migranten reduziert werden kann, sondern auch mit dem Festhaltenwollen am Referenzrahmen, wie Europa ist bzw. weiterhin zu sein hat: Italien muss Italien bleiben, Spanien bleibt Spanien, und die Urlaubsgewohnheiten bilden gewissermaßen die Praxis dieses Denkrahmens ab. Im selben Zug wird Zypern, das nicht nur eine Insel, sondern ein Staat (nicht ganz) wie jeder andere ist, regelmäßig als „Ferieninsel Zypern“ geframt (ebenso all die anderen „Ferieninseln“ im Mittelmeer, die freilich mehr als das sind). Es kann nicht sein, was nicht sein darf: dass etwa auch Teile Südeuropas inhabitabel werden könnten und sich der komplette Tourismusbetrieb hinterfragen lassen muss. Das heißt natürlich nicht, dass es diese Hinterfragung gar nicht gibt, wie die Diskussionen über den Skitourismus in den Alpen zeigen.

Im Hintergrund zu allem, was in Europa und weltweit gerade auf der Klima-Bühne abläuft (und sich an einen fortlaufenden Plot von Klima-Essays der letzten Jahre nahtlos anschließt) finde ich zwei aktuelle Beiträge im öffentlich-rechtlichen Rundfunk sehenswert:

Erstens habe ich mir (ausnahmsweise) die Sendung Markus Lanz vom 20. Juli 2023 angeschaut und festgestellt, dass es bei der Besetzung des Panels tatsächlich um mehr als „falsche Ausgewogenheit“ geht; obwohl ich den Umgang mit der Letzten Generation dann doch als infantilisierend empfunden habe (was aber auch nicht anders zu erwarten war). Die Ethikratsvorsitzende Alena Buyx, der Klimaaktivist Theodor Schnarr, der Publizist Michel Friedman und der Theologe Manfred Lütz treffen dort aufeinander. Besonders die sehr kluge Sicht und die treffsicheren Worte zur Rolle von Meinungsplattformen und der ewigen Rede von der „gespaltenen Gesellschaft“ von Buyx und Friedman fand ich wertvoll: Endlich gewinnt der Zusammenhang von gesellschaftlicher Debatte und Klimawandel eine breitere Öffentlichkeit. (Ich führe diese Diskussion hier aber nicht näher aus, die Sendung ist über die obige Verlinkung abrufbar)

Zweitens findet sich auf Arte gerade eine mehrteilige Dokumentation unter dem Titel Dustbowl – die Jahrhundertdürre: in den 1930er Jahren hatte sich in den Great Plains (der Prärielandschaften östlich der Rocky Mountains) der USA nicht nur eine jahrelange Dürre ereignet, sondern es war im Vorfeld zu einer riesigen, rücksichtslosen „Weizen-Bubble“ gekommen. Dieser Agrar-Boom hatte zu einer massiven Zerstörung der natürlichen Vegetation und der eigentlich geschützten Bodenbeschaffenheit geführt. Mit der Great Depression (Großen Depression) der 1930er Jahre einhergehend kam es dazu, dass ein Viertel der Bewohner als Klimaflüchtlinge die Prärie verließen. Man nannte sie „Okies“, benannt nach dem Bundesstaat Oklahoma, und diese waren in den Migrationszielen (wie Kalifornien) zahlreichen Diskriminierungen ausgesetzt. Andererseits hat diese Katastrophe zu einem vorübergehenden, aber erfolgreichen Umdenken in der US-amerikanischen Wirtschafts- und Sozialpolitik unter Franklin D. Roosevelt geführt — was auch aus heutiger Perspektive hoffnungsvoll stimmt.

In Dustbowl – Die Jahrhundertdürre wurde mehrfach festgestellt, dass es aus damaliger Sicht keineswegs als ausgeschlossen erschien, dass ein weiter, einmal als fruchtbar geltender Landstrich zu einer neuen Sahara werden könnte. Die absolut sehenswerte Dokumentation schließt damit, dass dieses Schicksal durch den anhaltenden, rücksichtslosen Ressourcenverbrauch des Ogallala-Aquifers (eines riesigen unterirdischen Süßwasserreservoirs) nach der Dustbowl-Dürre ebenso ein wahrscheinliches Zukunftsszenario darstellt.

Und um den Kreis nach Europa zu schließen: Nur, weil etwas aus heutiger Sicht und aufgrund eindeklinierter Denkgewohnheiten unvorstellbar erscheint — wie eine aride Zukunft des mediterranen Südeuropas — muss das kurzsichtige Festhalten an alten Gewohnheiten noch lange keinen Zukunftswert haben. In diesem Sinn ist davon auszugehen, dass die in katastrophenbewussten, „tugendhaften“ Kreisen endemisch gewordene Flugscham schon sehr bald eine Erweiterung erfahren wird: Tourismusscham. Man mag von der oft genug zur Schau getragenen Tugendhaftigkeit denken, wie man will. Für den politischen Prozess kommt es meines Erachtens darauf an, ob es gelingt, die subjektive Primärerfahrung des progressiven Klimawandels (der heute niemand entgehen kann) in konkrete Politik und Lösungsvorschläge umzusetzen, die mehr sind als moralisierende Belehrung und Selbstvergewisserung.

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